Mirjamsonntag 2024

Einleitung

Am Sonntag, den 29. September 2024 hielt Prädikantin Sonja Herdieckerhoff und das Frauenteam aus Dülken in Hinsbeck den Gottesdienst zum Mirjamsonntag. Wir möchten diesen ganz besonderen Gottesdienst gerne hier zum Nachlesen veröffentlichen. Leider können wir auf diesem Wege nur annähernd die Atmosphäre in der Kirche spiegeln.

Begrüßung

Wir kommen zusammen und feiern
im Namen Gottes, die Quelle allen Lebens,
im Namen Jesu, der uns Vorbild ist in
seiner Liebe zu den Menschen,
und im Namen der Heiligen Geistkraft,
die uns auf unserem Weg ermutigt und begleitet.
Amen


Herzlich willkommen zum Mirjamgottesdienst!
Heute geht es tatsächlich um die Prophetin Mirjam, die Schwester von Aaron und Mose. Sie geraten in Streit miteinander. Es gibt im Leben so viel zu regeln und zu organisieren, da passiert es schnell, dass bei unterschiedlichen Sichtweisen gestritten wird – das ist nicht weiter schlimm. Schlimm ist es erst, wenn Menschen anfangen zu beleidigen oder gewaltttätig zu sein. Wie gehen wir damit um? Dieser Frage gehen wir heute nach.

Lied: Herr, ich komme zu dir aus „Das Liederbuch – Lieder zwischen Himmel und Erde“ Seite 176
Text und Musik: Albert Frey  C 1992 Hänssler. D-71087 Holzgerlingen für Immanuel Music, Ravensburg

Psalmen

Wenn Gott die Verlorenen findet, ins versprochene Land zieht mit all ihren Liebsten, dann wird ein Lachen sein und ein Tanz wie die Träumenden werden wir sein, wie ein Morgenlied.
Dann werden die Hungernden satt, die versklavt sind kämpfen sich frei und in Freude getaucht sind die Weinenden.

Fernblicke (nach Psalm 126)

Wenn Gott anbricht in vollem Glanz ihre Schönheit und Liebe das All überflutet, dann wird da ein Staunen sein und ein Schwung wie ein Jubelsturm wird es sein wie ein Sprung ins Freudenmeer.
Dann werden die Trauernden Flügel bekommen und aufrichten sich die Gekrümmten.
Nicht eine Träne wird ohne Antwort sein, nicht eine Klage verhallt ins Leere.

Psalm von Carola Moosbach

Kyriegebet

Klima

Du Ewige, die Welt um uns herum, der globale Frieden interessiert nur wenige. Manch eine hat die Verbindung zur Schöpfung verloren. Lass uns der Veränderung nicht weiter aus dem Weg gehen, sondern ihr mit Herz, Hand und Verstand begegnen. Ewige, öffne unser Herz.

Wir bitten dich, erhöre uns.

Gewalt

Du Ewige, wir nehmen kaum noch wahr, dass häusliche Gewalt unmittelbar neben uns täglich das Leben vieler Menschen bestimmt, wir kümmern uns nicht mehr umeinander.
Viele Frauen und Familien sind durch die Gewalt stark belastet. Ewige, öffne unsere Augen füreinander, damit wir der Gewalt ins Gesicht sehen und handeln.

Wir bitten dich, erhöre uns.

Sorgen

Du Ewige, wir stehen vor großen Problemen, politisch, gesellschaftlich, global und in den Familien und verlieren dabei immer mehr die Verbindung zu dir.
Ewige, öffne unsere Hand, damit wir dein Wort zu Taten werden lassen.

Wir bitten dich, erhöre uns.

Ungerechtigkeit

Du Ewige, auf die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern warten wir noch. Es gibt so viel Ungerechtigkeit, dabei hat jeder Mensch das Recht auf seine Einzigartigkeit und die Entfaltung seiner Persönlichkeit, unabhängig vom Geschlecht. Wir sind in unseren klassischen Denkmustern verhaftet, und
Gleichberechtigung fällt uns immer noch schwer. Ewige, öffne unseren Verstand, damit wir Gerechtigkeit leben

Wir bitten dich, erhöre uns.

Gnadenzusage

Du bist ein Gott, der mich sieht.

Gen 16,13

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude aus „Das Liederbuch – Lieder zwischen Himmel und Erde“ Seite 99
Text: Gesang aus Taizé. Musik: Jaques Berthier

Kollektengebet

Lebendiger Gott,
wir kommen zu dir, so wie wir sind, mit unserem Leben und unseren Geschichten von Mut und Verzweiflung.
Wir bitten dich:
Sei du jetzt bei uns in diesem Gottesdienst in deinem befreienden Wort.
Hilf uns, auf dich zu vertrauen und mit dir unser Leben zu wagen.
Amen

Dinge sind dort am stärksten, wo sie zerbrochen waren

Die kanadische Krimiautorin Louise Penny hat in einem ihrer Romane mehrmals den Satz geschrieben: „Dinge sind dort am stärksten, wo sie zerbrochen waren.“ („Things are strongest, when they are broken.“) Diese Aussage basiert auf einer Liedzeile von Leonard Cohen: „Es gibt ein Riss in allem. So kommt das Licht hinein.“

Das Lied malt keine heilen Verhältnisse aus. Es singt einen Lobpreis auf so etwas gering Scheinendes wie den Riss im System, der die Dinge wieder öffnet. Die Welt ist noch da. Die Dunkelheit ist noch da. Aber durch einen Riss im System kommt Licht herein.

Unser Leben verläuft nicht immer gradlinig und nicht immer nach unseren Vorstellungen. Wie wir unsere Fragmente betrachten und Verbindungen zwischen Lebensereignissen herstellen, ist unsere Entscheidung.

Wir haben die Möglichkeit, in unseren Fragmenten eine zusammenhängende Geschichte zu entdecken. Wir können versuchen, Erfahrungen von Brüchen als Teil einer größeren zusammenhängenden Geschichte zu verstehen.

In Japan besagt genau diese Kintsugi Philosophie, dass ein Bruch nicht immer das Ende bedeutet, es kann der Beginn von etwas Neuem sein. Wenn wir die Lehren der Kintsugi Philosophie auf unser Leben übertragen, kann diese Handwerkskunst die Kraft entfalten, eine Situation in neuem Licht erscheinen zu lassen.

Lebenserfahrungen, die wir als „zerbrochen“ oder „verloren“ in Erinnerung haben, können so eine neue Wendung erhalten.

Das folgende Video wurde zum Song von Leonard Cohen „Anthem“, gecovert von Swinky gezeigt.

Eine rote Tonschüssel wird zerbrochen und wieder zusammen geklebt.

Predigt

Liebe Gemeinde,
in dem Lied von Leonard Cohen, gecovert von Swinky, gibt es den Vers:
„Da ist ein Riss, ein Riss in allem. So kommt das Licht hinein.“

Wenn ein Mensch einem anderen Menschen gegenüber gewalttätig ist, zerbricht etwas. Wenn es passiert, dass wir uns mit Worten oder Taten Schmerzen zufügen, zerbricht etwas in uns: das Vertrauen zueinander oder das Vertrauen zu uns selbst. Wir schämen uns dafür, dass uns jemand so verletzt hat, wir sind wütend und traurig.

So wird sich auch Mirjam gefühlt haben. Nur in ihrer Situation wurde ihr von Gott selbst Schmerz zugefügt.

Lesung aus dem 4. Buch Mose 12,1-15

Mirjam hat gemeinsam mit ihren Brüdern Mose und Aaron wichtige Führungsaufgaben beim Auszug aus Ägypten und der Wanderung durch die Wüste für das Volk Israel übernommen.

Mose gilt als Überbringer der Gesetzestafeln und steht damit für die Treue des Volkes zur Tora, Aaron achtet als Priester auf den richtigen Umgang mit dem Ritus und Mirjam ist als Prophetin anerkannt.

Hier spricht Mirjam gegen Mose, weil er wegen seiner häufigen Gespräche mit Gott zu wenig Zeit für seine Familie hat. Das sei gar nicht nötig, wenn Mose ernst nehmen würde, dass JHWH auch durch Aaron und Mirjam spricht.

Es geht in diesem Streit also um unterschiedliche Vorstellungen und Führungsansprüche. Mirjam kritisiert Mose und überschreitet damit eine Grenze. Mose ist derjenige, der unmittelbaren Kontakt zu Gott hat, ihn kritisiert man nicht.

Kurz darauf, nachdem Gott sie und Aaron zurecht gewiesen hat, bekommt Mirjam einen schlimmen Hautausschlag. Diese Erkrankung wird als Strafe für die Kritik an Mose gedeutet. Mirjam wird beschämt und gedemütigt.

Aarons Aufgabe als Priester ist es zu entscheiden, wie es um die Reinheit einer Person bestellt ist. So erklärt sich der Umstand, dass nur Mirjam bestraft wird, während Aaron durch seine Funktion als Priester
geschützt ist.

Mirjam gilt mit ihrem Hautausschlag als unrein und muss deshalb vom Lager ausgeschlossen werden. Sie begibt sich sieben Tage lang in Isolation und wird in dieser Zeit wieder gesund.

„Da ist ein Riss, ein Riss in allem. So kommt das Licht hinein.“

Mirjam wird auch einen Riss gespürt haben: ihr Vertrauen zu Gott wird auf die Probe gestellt, indem
ihr heftige Schmerzen zugefügt werden – ein Hautausschlag am ganzen Körper bringt das mit sich.
Sieben Tage bleibt sie für sich und hat dadurch viel Zeit, um über alles nachzudenken.

Ich glaube, in dieser Zeit des Alleinseins und der Heilung ist ihr Gott sehr nah. Durch den Riss, den das Vertrauen erlitten hat, hat Gottes Licht und Liebe die Wunden geheilt. Sie wird verstanden haben, dass Aaron und sie selbst nicht das Recht haben, Mose dafür zu kritisieren, dass er häufig mit Gott spricht, denn es ist Gottes Wille.

Sie wird verstanden haben, worin der Fehler liegt, so dass die Barmherzigkeit Gottes sie wie ein heilendes Licht umgibt.

Durch diese Erfahrung, diesen Riss, ist sie Gott näher gekommen als je zuvor. Durch diese Erfahrung wird sie von Gottes Licht und Liebe durchflutet und geheilt.

„Da ist ein Riss, ein Riss in allem. So kommt das Licht hinein.“

Mirjam wird eine Woche von ihrem Volk getrennt. Aber das Volk gibt ihre Prophetin nicht auf – im Gegenteil. Die Menschen haben Mitgefühl mit ihr – sie haben den Hautausschlag gesehen – die Risse in ihrer Haut.

In dieser Woche des Wartens festigt sich die Beziehung zu Mirjam, die innere Verbindung zu ihr wird durch Gebete intensiver. So kommt von den Menschen das Licht der Hoffnung und Liebe zu Mirjam.

Es spürt, dass es ihre prophetische Gabe nötig hat und Mirjam wesentlich für die Gemeinschaft ist. –
Auseinandersetzungen gehören zu unserem Leben dazu, im privaten sowie im gesellschaftlichen
Zusammenleben. Sie sind gut, weil dadurch Probleme deutlich werden, Veränderungen angeschoben werden und neue Wege gefunden werden.

Wenn es allerdings dabei zu Verletzungen durch Worte oder Taten kommt, entsteht Leid. Dann werden Grenzen überschritten und das gilt es, unbedingt zu vermeiden, denn es ist schmerzhaft.

Wenn wir verletzt worden sind, benötigen wir Menschen, die mit uns fühlen und die uns schützen. Und wenn unsere Verletzungen in Ruhe heilen können, spüren wir, wenn wir uns Gott zuwenden, sein Licht und seine Liebe.

Wir gehen mit einer innigeren Verbindung zu Gott auf unserem Weg weiter. Das Licht der Hoffnung und der Liebe Gottes heilt uns und stärkt uns.

Amen

Lied: Schenke mir, Gott, ein hörendes Herz / 2014 C tvd-Verlag Düsseldorf
Text: Thomas Laubach 2014. Musik: Thomas Quast

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott,
den tragenden Grund in meinem Leben.
Ich kann seine Spur entdecken
in der Schöpfung, in der Stille,
im Guten, im Menschen,
in allem Geheimnisvollen des Lebens,
das uns übersteigt.

Ich glaube an Jesus,
unsern Befreier.
Durch seine Lebensfreude
und seine heilende Zuwendung
kann ich erfahren,
wie Gott mit uns umgeht.
Er erlöst uns
von Allmachtsphantasien,
alles selber machen zu müssen.

Ich glaube an die Kraft der Freundschaft,
an die Lebensspende Hoffnung,
in der wir die Geistkraft Gottes erfahren.
Sie bewegt uns zur Zärtlichkeit
und zum Aufstand für das Leben.

Sie führt uns zusammen,
um die Kirche zu erneuern
im Engagement für ein Leben
vor dem Tod – für alle –
und in der Hoffnung
auf ewiges Leben.

Amen

Salbung

Wir wollen Sie nun zu einer Salbung einladen. Salbung bedeutet Segnung und Heilung. Die, die möchten, können uns vor der Salbung ihren Namen nennen. Die Salbung kann auf der Stirn oder auf der Hand erfolgen. Bitte geben Sie uns ein Zeichen, was Ihnen lieber ist.

Alle, die möchten, können sich nun in einem Kreis um den Altar versammeln.

Geht hin als Gesalbte Gottes.
Ihr seid gesegnet.
Amen

Fürbitten

Gott ist
Lebendiger Gott, Ewige, du bist die Kraft, die uns trägt.

mein Licht
Wir sind verunsichert, Gott, durch die vielen weltweiten Probleme:
– Kriege, Klimawandel, Flucht, Existenznöte.
Der Rechtsruck in vielen Ländern belastet uns schwer. Und doch wissen wir, wie wichtig es gerade jetzt ist, dass jeder und jede von uns sich für unsere Freiheitsrechte und für die Demokratie einsetzt, gegen Hetze und Hass.
Hilf uns, unsere Stimme zu erheben.

und mein Heil
Wir bitten dich um Solidarität mit Menschen, die Diskriminierung erleiden, aufgrund von Alter, Behinderung, Religion, ethnischer Herkunft oder geschlechtlicher Ausrichtung.

Lenke unseren Blick darauf zu erkennen, wenn ein Partner oder eine Partnerin zu Hause Gewalt ausübt oder Übergriffe im öffentlichen Raum stattfinden.
Hilf uns, unsere Stimme zu erheben

Ich fürchte mich nicht
Bleibe bei uns, Gott, schenke uns Hoffnung und Mut. Lass deine Geistkraft wehen bei uns und überall auf der Welt.

Amen

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Matthäusevangelium 6,9-13

Lied: Herr, gib uns deinen Frieden aus „Das Liederbuch – Lieder zwischen Himmel und Erde“ Seite 272
Text: Liturgie, Musik: Ludger Edelkötter. C KiMu Kinder Musik Verlag GmbH, 50259 Pulheim

Sendung

Geht in der Kraft, die euch gegeben ist,
geht einfach und klug,
geht leichtfüßig und in Gemeinschaft,
geht achtsam und zuversichtlich.
Tut, was dem Frieden dient
und haltet Ausschau nach der Liebe.
Gottes Kraft trage euch!
Gottes Liebe bewahre euch!
Gottes Geist geleite euch!

Amen