Friedensfahrt in Afrika

Endlich in Afrika!

Es ist geschafft, Pfarrer i.R. Christoph Roller ist am 03.12.2023 auf seiner Friedensfahrt in Afrika angekommen. Im Süden Spaniens hat er sich mit seinem Freund Dieter Sehburger getroffen und nun fahren beide gemeinsam mit ihren eBikes in den Senegal und sammeln auch dort Friedensbotschaften.

Blick auf Tanger, vom Boot aus.
Die erste Stadt auf dem afrikanischen Kontinent.

Tanger zum Greifen nah.

Alte Fotocameras und Videorecorder - Hier findet jeder das richtige Modell.

In Tanger – Hier findet jeder das richtige Modell.

Die Tour ist von Anfang an spannend. Daher empfehlen wir auch den ersten Teil auf der Seite
Peace Bike Tour – 6400 km

Wer gerne noch mehr erfahren möchte, kann dies auch über uch über die sozialen Netzwerke der Landeskirche und dem YouTube Kanal des Kirchenkreises Moers.

Viele der Friedensbotschaften, die Pfarrer iR. Cristoph Roller auf seinem langen Weg sammeln konnte finden Sie auf unsrem eigenen YouTube Kanal in der Playlist der Peace Bike Tour.

Von Tanger nach Rabat

Im Augenblick habe ich kein WLAN. Mache mir einen Hotspot. Wenn ich mich zuletzt wenig gemeldet habe, hängt das damit zusammen, dass ich einen Partner habe, der von den Städten, wenn wir ankommen, auch was sehen will, der sogar in einem Restaurant etwas essen möchte, und womöglich abends noch ein Bier trinken gehen möchte. Also alles so überflüssige Sachen, anstatt nach Hause zu berichten.

Wir sind aber auch sehr damit beschäftigt, mein Fahrrad am Laufen zu halten.
Vorvorvorgestern ist eine Speiche gerissen. Vorvorgestern kamen 3 dazu. Da mussten wir handeln und die mitgebrachten 4 Speichen einbauen. Vorgestern sind dann 7 Speichen gerissen, davon 3 an der gleichen Stelle – und das Rad fuhr noch.

Wir sind dann in der Dunkelheit und strömenden Regen völlig durchgenässt in Kenitra angekommen, haben die AC auf 30° gestellt und alles zum Trocknen aufgehängt. Zum Glück gab es in Larache einen freundlichen Fahrradhändler, bei dem wir 10 neue Speichen eingekauft hatten. Also in der Nacht bis 3 Uhr morgens 7 Speichen einbauen (nach dem Bier in einer Bar). Man kommt also zu nichts.

In Marokko geht es super freundlich ab. Die Leute rufen uns grüssend auf den Strassen bei der Durchfahrt hinterher. Die Kinder winken. Manche kleinen Radfahrer versuchen einen unelektrischen Spurt mit uns aufzunehmen.

Aber es gibt keine Zeit, das alles irgendwie aufzubereiten. Gestern ist wieder eine Speiche gerissen. Wir werden versuchen, damit heute irgendwie nach Casablanca durchzukommen. Vielleicht gibt es dort ja eine hübsche Fahrradhändlerin, bei der ich das «Schau mir in die Augen, Kleines», ausprobieren kann. Bei mir setzt jetzt auch noch öfter die Elektrik aus. Das macht unsicher, weil wir den Grund noch nicht wissen. Sie lässt sich aber nach einer Weile immer wieder anschmeissen. Vielleicht elektrisiert das auch die Fahrradhändlerin.

Wir sind letzte Nacht in der Medina der Hauptstadt Rabat untergekommen. Gestern hatten wir noch eine gute Begegnung mit Pasteur Camille Kalonji von der Eglise Evangelique au Maroc.

3.333,3 km – Eine tolle Leistung!
Die Hälfte der Friedensfahrt ist geschafft!

An der Ausfahrt von Rabat

Von Rabat nach Casablanca

Auf dem Weg nach Casablanca hatten Dieter und ich uns abends plötzlich verloren. Ich hatte auf Dieter gewartet. Er ist, ohne, dass wir es gemerkt haben, an mir vorbeigefahren. Bis wir dann telefonisch wieder zueinander gefunden haben, war er schon 15 km weiter. Ich habe ihn gebeten, dass er direkt zur Unterkunft fährt und ich gleich zum Pastor in Casablanca fahre, mit dem ich verabredet war.

Das ist auch gelungen. Ich traf bei der Eglise Evangelique au Maroc in Casablanca zwar nicht den Pastoren an, mit dem ich verabredet war, aber dafür seinen Kollegen Pastor Mamadou Thomas Diouf, witziger Weise ein Pastor aus dem Senegal, dessen Amtszeit in Marokko gerade zu Ende geht. Weihnachten wird er wieder im Senegal sein. Vielleicht haben wir Gelegenheit, ihn im Januar dort zu besuchen.

Die Begegnung war sehr herzlich. Er wirkte auf mich sehr leidenschaftlich, authentisch und an den Menschen interessiert. Er war etwas traurig, dass sein Vertrag zu Ende geht. Er und seine 2 erwachsenen Kinder wären gerne geblieben. Was seine nächste Beschäftigung sein wird, war noch nicht klar. Er erzählte mir eine wunderschöne afrikanische Friedensgeschichte.

Dieter hatte inzwischen die gebuchte Wohnung gefunden. Anders, als in der Beschreibung hatten wir die große Wohnung aber nicht für uns alleine – Überraschung: wir mussten sie mit der dort lebenden 4köpfigen Familie und einem großen  Hund teilen. Außerdem gab es keine Möglichkeit, Dieters Fahrrad so unterzubringen, dass er hätte seine Batterie aufladen können.

Also mussten wir uns für die nächste Nacht noch eine andere Lösung suchen. Dieter hatte in der Nacht dann eine weitere Bleibe für die nächste Nacht gefunden.

Spät sind wir dann spät losgezogen. In Casablanca muss man natürlich Rick`s Cafè aufsuchen.

Im berühmten Rick's Café aus dem Film Casablanca.

Danach ein Schlendern durch die Medina. Schliesslich fanden wir noch ein Restaurant ganz in der Nähe unserer Unterkunft, dass auch nach Mitternacht noch geöffnet hatte. Leider ging es in der Nacht dann voll zur Sache mit einem gepflegten Durchfall.

Morgens also mit vollem Gepäck losgezockelt zur neuen Unterkunft, die es an dem angegebenem Ort nicht gab. Es war die Strasse Mohammedia und die google-maps-Orientierung angegeben. Wie sich später herausstellte war die Unterkunft in der Stadt Mohammedia – ganz woanders. Aber wir sind die 8km nicht ganz umsonst gefahren, denn dort fanden wir wieder einen super freundlichen Fahrradmechaniker, der eigentlich gerade ins Wochenende zu seiner Familie starten wollte, aber unseren Job noch annahm, neue Speichen einzog und das Hinterrad neu ausrichtete.

Ich habe auf die Schnelle eine neue Unterkunft gefunden, die dieses Mal richtig super war, genau unseren Wünschen entsprach. Selbst die Fahrräder konnten wir hochkant im Aufzug in den 5. Stock mitnehmen.

Von Casablanca nach Settat

So ging es weiter zur nächsten Stadt, nach Settat. Mit Durchfall und einem dadurch geschwächten Körper Fahrrad zu fahren ist allerdings grenzwertig. Eigentlich wollte ich immer nur schlafen, was sich auf dem Rad nicht so anbietet.

An der Ausfahrt von Casablanca haben wir dann eine Fahrradwerkstatt gefunden, wo wir Ersatzspeichen einkaufen wollten. Wir trafen auf „Sallah“. Nachmittags haben wir eine Pause einlegen müssen, obwohl wir gerade eine hinter uns hatten, weil sich der nächste Plattfuß in meinem Hinterrad angesagt hatte. Wir haben ein gutes Straßenrestaurant gefunden, wo wir essen und Dieter seine Batterie aufladen und wir flicken konnten.

Von dort losgestartet stellte ich nach 5 Kilometern fest, dass es so leicht am Rücken war. Ich hatte die Gitarre im Lokal stehen lassen. Dieter fuhr weiter, wollte im nächsten Café auf mich warten, ich strampelte zurück. Das Personal hatte meine Gitarre zwischenzeitlich sichergestellt. Der Schaden belief sich also auf 10 Kilometer zusätzliche Tagesleistung.

Dieter hat sich unterwegs mit Kameltreibern die Zeit vertrieben und Kamelmilch eingekauft. So muss ich an ihm vorbeigeradelt sein, und er hat mich auch nicht gesehen. Man muss dazu sagen, dass Dieter ein graues Mäuschen ist, grauer geht es gar nicht – graue Kleidung, graues Fahrrad, grauer Helm – die Beste in ganz Marokko zu findende Tarnung.

Schließlich fuhren wir auf 2 verschiedenen Routen auf das Ziel zu – ich leider auf der schlechteren. Aus der Straße wurde eine Hubbelpiste, später auch eine Schlammpiste. Meine kaputte Lampe habe ich in der Dunkelheit, nachdem ich im Schlamm absteigen musste, mit viel Jaffa-Tape halbwegs auf den Weg ausrichten können. Über WhatsApp konnten Dieter und ich uns verständigen, so dass wir uns in Settat wiedergefunden haben.

Irrfahrt in Settat

Dieter kam mit der Nachricht, dass er von den Vermietern auf den Leim geführt wurde. Die gebuchte Unterkunft gab es an der angegebenen Adresse nicht. Es stellte sich heraus, dass es wohl eine Ferienanlage mit dem Namen der Stadt Settat am Meer gab, die wohl gemeint gewesen wäre. Also spät abends eine neue Unterkunft suchen.

Alle Hotels der Stadt (es gibt nur 3) waren ausgebucht. Es sollte noch eine Privatunterkunft geben, für nur 14 Euro, zwar schlecht bewertet, aber trotzdem schnell gebucht. Die Buchungsbestätigung kam sofort. Wir hatten die Adresse, eine Email-Adresse und eine Telefonnummer. In einer Email habe ich unsere Ankunftszeit und unser Bedürfnis nach einer sicheren Unterbringung der Fahrräder angekündigt. Eine Antwort darauf gab es nicht.

Die angegebene Adresse, zu der uns die angegebene Navigation geführt hat, gab es, aber keine Unterkunft für uns. Ein Bewohner des Hauses sagte uns, dass es eine Nummer 19 bei der Moschee geben sollte.

Beim Ab- und Wiederaufsteigen, sind dann wieder weitere Speichen gerissen, die sich mit der Kette angelegt hatten und diese abgeworfen und verkeilt hatten. Wir also schiebend um die Ecke gebogen und Leute befragt, die sich abends noch auf der Straße aufhielten. Ein paar Jungs und ein freundlicher Mann, der perfekt Italienisch sprach, waren sofort emsig dabei, uns zu helfen. Auch an der neuen Nummer 19 – nichts.

Die Telefonnummer war nicht zu erreichen – vermutlich gab es sie nicht mehr. „Kalite“, der Italienisch-sprechende Marokkaner, lief mit Dieter auf die andere Seite des Stadtviertels, wo sie eine neue Nummer 19 vermuteten. Ich entlud mein Rad, stellte es auf den Kopf, fischte mit den Straßenjungs die kaputten Speichen aus der Kette und schaffte es, das Rad wieder zum Laufen zu bringen.

Mittlerweile war es Mitternacht, als Dieter mit Kalite zurückkehrte – unverrichteter Dinge. Die Fahrräder wurden in eines der benachbarten Häuser in die 3. Etage durch ein enges Treppenhaus auf einen Balkon getragen. Unser Gepäck wurde in das Auto von Kalite geladen. Er und seine Frau fuhren mit uns verschiedene denkbare Unterkünfte ab – alles belegt. Sollten wir nichts finden, würde er und seine Frau für die Nacht umziehen und wir könnten bei ihm schlafen. Immer wieder fiel der Satz: Macht Euch keine Sorgen.“ Dieter verstand zum Glück so viel Italienisch, dass die beiden sich mit viel Humor verständigen konnten.

Ein letzter Versuch führte uns in ein schon in die Jahre gekommenes Hotel, dass uns tatsächlich in der Nacht noch aufgenommen hat. Am nächsten Morgen mussten wir die Adresse wiederfinden, wo unsere Fahrräder abgestellt waren. Schließlich gelang es uns, einen Taxifahrer dorthin zu dirigieren. Wir wurden mit Freude erwartet. Uns wurde auf der Straße vor dem Haus ein Frühstück serviert. Alle Helfer der Nacht kamen vorbei. Es war ein super freundlicher Empfang und Abschied. Frieden über Sprachgrenzen hinaus, das erfährt man im neuen Video. Schaut euch die Friedensbotschaft aus Settat an.

Mit den Rädern zurück zum Hotel und 3 neue Speichen einziehen mit der üblichen Prozedur, Rad ausbauen, Bereifung ab, Speichen einziehen und alles wieder zusammenbauen. Dann endlich auf nach Ben Guerir, dem nächsten Etappenziel.

In Settat waren wir natürlich wegen der ganzen Vorfälle spät dran. Als wir endlich losfuhren, bekam Dieter plötzlich Hunger. Diese Hungerattacken, die bei ihm häufig vorkommen, müssen immer sofort befriedigt werden. Meine körperlichen Bedürfnisse waren dann doch eher vom Durchfall geprägt.

Auffällig viele bettelnde Menschen ziehen an den Straßenrestaurants vorbei. Dieter ließ einen Teil seiner Essensreste einpacken und gab sie einem älteren Herrn, der sich vergnügt auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf ein Mäuerchen setzte und genüsslich aß. Ich bot einem weiteren Herrn die übrigen Ecken meiner Pizza an. Er riss sie etwas gierig an sich und packte sich auch noch die abgelutschten Knochen von Dieters Hähnchen obendrauf.

Nachts am Straßenrand – Fahrrad ohne Hinterrad

So kamen wir recht spät in Settat los. Obwohl wir gut in Richtung Ben Guerir vorwärts kamen, holte uns ca. 40 km vor dem Ziel die Dunkelheit ein. Unterwegs hatte sich schon wieder die ein und andere Speiche verabschiedet, aber das Rad fuhr noch – bis 18 Kilometer vor Ben Guerir. Dann kam der totale Zusammenbruch. Ich konnte gerade noch anhalten und vom Rad springen, als das Hinterrad quasi in sich zusammenbrach. 13 von 32 Speichen waren gerissen. Da war nichts mehr möglich.

Christoph Roller mit seinem defekten eBike am Straßenrand hinter Settat, nachts um 21:51

Da standen wir im Dunkeln an der Rue National 9 und guckten etwas blöd aus der Wäsche. Was nun tun? Selbst reparieren im Dunkeln am Straßenrand schien uns unmöglich. Mir viel ein, dass ich in der Bewertung für das Quartier, was wir um diese Zeit aufsuchen wollten, einen Kommentar gelesen hatte, dass der private Gastgeber, eine äußerst zuvorkommende freundliche Person sei.

Wir riefen die angegebene Nummer über WhatsApp an. Der Kontakt klappte, wurde aber mehrfach unterbrochen. Schließlich hatte der Gastgeber unsere Notlage und unsere Positionsangabe verstanden. „Wir sind in 20 Minuten da“, lautete die Antwort. Und tatsächlich – in ca. 30 Minuten holten uns Dar und sein Sohn Rhmani mit einem weißen Lieferwagen von der Straße.

Christoph Rollers Gastgeber, die ihn bislang noch gar nicht kennen, holen ihn mitten in den Nacht mit ihrem weißen Lieferwagen ab. Diese überwältigende Hilfsbereitschaft ist eine ganz besondere Botschaft des Friedens.

Wie kann man Frieden besser zeigen, als durch spontane aktive Hilfbereitschaft?

Rhmani ist Besitzer eines großen Restaurants in Ben Guerir. Dort konnten wir erst einmal runter kommen und in Ruhe essen. Dabei kamen wir mit den beiden schon gleich in einen freundlichen Austausch. Wir waren so etwas von erleichtert. Dar chauffierte uns mit seinem Wagen und unserem Gepäck zu sich nach Hause in das gebuchte Quartier, eine große Wohnung, in der alles da war, was das Herz begehrt.

Überwältigende Hilfsbereitschaft – Eine Friedensbotschaft in Ben Guerir

Am nächsten Morgen chauffierte uns Dar wieder zum Restaurant, damit wir gut Frühstücken konnten. Von dort ging es sofort mit dem Lieferwagen und dem kaputten Fahrrad zu dem einzigen Spezialisten im Ort, der sich mit so etwas auskannte. Dieser reparierte eigentlich keine Fahrräder mehr, sondern Motorräder. Aber auf gute Zusprache von Dar nahm er uns sofort dran. Ich fragte, ob er nicht alle Speichen wechseln könnte, weil ein Grund der Instabilität des Hinterrades bestimmt auch in dem Gemischtwarenladen der verschiedenen Speichen liegen könnte. Aus irgendeinem Grund ging das nicht, weil nicht genügend Speichen in der richtigen Länge vorrätig wären.

Der Spezialist war wirklich klasse – ein unglaublich flinker geschickter Handwerker, der mit viel Lächeln seine Arbeit verrichtete. Sprachlich verständigen konnten wir uns nicht mit ihm. Das machte Dar für uns. Schließlich reparierte er auch noch mein Ständer- und mein Lampenproblem – baute dafür eigene Befestigungskonstruktionen. 2 Stunden später schließlich die Rechnung. Für ca. 20 Speichen, eine Rücklichtlampe und 2 Speichenschlüssel hatten wir 9 Euro zu bezahlen. Für die 2 Stunden intensive Arbeit des Spezialisten wollte er 50 Dirham – keine 5 Euro haben. Als ich ihm 200 Dirham gab, wollte er sie nicht annehmen, aber ich bestand darauf, und dann war er sehr glücklich. Er merkte auch, wie sehr wir seine Arbeit schätzten. Das machte ihn glücklich.

Es sah also alles gut aus. Natürlich kann man aus einer Alu-Felge keine Höhenschläge mehr rausziehen. An ein hubbeliges Laufgefühl kann man sich aber gewöhnen. Also auf zu unserem Quartier, Gepäck aufladen und dann zurück nochmals überall „Danke sagen“.

Für alle Hilfeleistung durch Dar und seinen Sohn Rhmani durften wir uns nicht finanziell erkenntlich zeigen. Noch nicht einmal den nächtlichen Taxi-Dienst durften wir bezahlen.

Wir waren überwältigt – eine wunderschöne erlebte Friedensgeschichte.

Als ich mich dann auf das schwer beladene Rad schwang und ein paar Meter fuhr, machte es hinten wieder „klung“, „klung“ – schon wieder 2 Speichen gerissen.

Auf zum Spezialisten – was nun? Er nahm die Aufgabe sofort an. Wir sollten essen gehen.

In weniger als einer Stunde rief er an: Das Rad sei fertig. Irgendwie hatte er es hinbekommen, das ganze Hinterrad komplett neu zu bespeichen. Schon beim Aufsteigen merkte ich, dass wieder eine spürbare Stabilität im Hinterrad war, die ich schon länger vermisste. Dieses Mal sollte die Reparatur inklusive aller Speichen 7 Euro kosten.

Als wir uns überall bedankt hatten, war es schon bald 16 Uhr, an der unsere Tagestour nach Marrakesch begann. Es war klar, dass wir wieder schwer in die Dunkelheit fahren würden.

Dieses Mal hielt das Rad – toll – super!!!

Dar und Spezialist in Ben Guerir im Fahrradladen

Auch hier ist Frieden durch tatkräftige Hilfe wahrnehmbar.

In Marrakesch

Wir kamen spät, aber wohlbehalten in Marrakesch an und fanden nach ein paar Anlaufschwierigkeiten die Adresse. Nur öffnete dort niemand die Tür. Dieter gelang es unter der angegebenen Telefonnummer die Verwalterin des Hauses zu kontaktieren. Diese sagte, dass unsere Buchung erst für den nächsten Tag vorgesehen wäre – und sie hatte recht. Dieter hatte sich beim Buchen im Datum vertan. Aber die Dame war sehr hilfsbereit. Sie schickte uns schon bald einen jungen Mann vorbei, der uns in der Nachbarschaft unterbringen konnte – Erleichterung.

Am nächsten Morgen lernten wir in dieser Unterkunft Zakaria kennen, der unser Frühstück bereitete. Er sprang auf meine Gitarre an – und irgendwann zupfte mal er und mal ich an dem Gerät. Wir verabredeten uns für den Abend auf ein Bier zum Musizieren. Zakaria wollte Musiker seiner Gruppe mitbringen.

Nach dem Frühstück zogen wir um in die ursprünglich gebuchte Wohnung. Die freundliche Verwalterin entpuppte sich als „Myriam“, die Tochter des Besitzers. Wir saßen lange zur Begrüßung und zum Kennenlernen beim Pfefferminztee beieinander und tauschten unsere Friedensideen aus. Myriam hat sehr viel Erfahrung mit Gästen aus der ganzen Welt, die schon in ihrem Haus übernachtet haben. Dabei war es ihr nie wichtig, welche Nationalität, welche Hautfarbe, welche Religion die Gäste hatten. Sie kommt mit allen sehr gut aus, sagt sie. Sie sieht die Personen als menschliche Wesen, die ihr meist nach kurzer Zeit ans Herz gewachsen sind, und die sie als Freunde verabschiedet. Ein Schlüsselwort ihrer Friedensbotschaft ist das Wort „Liebe“, das ihr das Wichtigste war.

In Marrakesch waren wir natürlich auf dem großen Platz mit den 1000 Safthändlern. Da ist Tag und Nacht viel los. Ich traute mich mit dem Durchfall, nur einen Becher frischgepresste und gemixte Obstsäfte zu trinken. Aber es war so köstlich, dass ich gut nachvollziehen konnte, dass Dieter da mehrfach zuschlagen musste.

Ein Stand mit buntem Obst zur Saftherstellung

Am nächsten Tag sind wir mit dem Fahrrad durch die Stadt getrollt, haben einige Besorgungen gemacht, etwas Touristisches angeschaut und natürlich den Souk und die Medina besucht – „alles so schön bunt hier“.

Abends dann das Treffen mit Zakaria und seiner Musikgruppe. Mustafa, Hussein und Zakaria sprechen alle Deutsch, obwohl sie nie in einem deutschsprachigen Land waren. Sie sind Berber. Sie haben uns viele Wüstengeschichten erzählt und Lieder dazu gesungen. Es war so eine richtige Einstimmung in die mentale philosophische Stimmung, die man wohl nur in der Reflexion in der Wüste erfahren kann. Außerdem hatten die 3 einen ganz anderen Blick auf die Wüstenbewohner, deren Wünsche und deren Rechte. Natürlich stellt sich für sie die Sicht auf die Westsahara ganz anders da, als die offizielle Regierungspolitik. Auch dieser Abend mit gemeinsamen musizieren war eine ganz besondere Friedensbotschaft.

Auf zur Küste nach Essaouira – 13.12.2023

Wir haben unsere Reiseroute etwas verändert. Wir haben uns entschieden doch wieder an die Küste nach Essaouira zu fahren. Das dauert bis Agadir zwar einen Tag länger, aber es gibt Unterkünfte unterwegs. Beim direkten Weg von Marrakesch nach Agadir hätten wir vermutlich eine Nacht irgendwo zelten müssen. Heute sind wir Sidi Mokhtar untergekommen. Morgen geht es weiter nach Essaouira.

Weihnachtsbotschaft aus der Sahara

Liebe FreundInnen und Freunde, die Ihr unsere Peace Bike Tour mit Euren Gedanken, Euren Wünschen und Gebeten begleitet.

Dieter und ich sind gestern Abend in Laayoune, einem Küstenort der Sahara angekommen und  verbringen hier heute den Heiligen Abend, bevor wir morgen etwas ins Ungewisse mit Zelt in die Wüste aufbrechen.

Weihnachten ist die Zeit, in der wir unsere Friedenssehnsüchte in viele Geschichten kleiden, – in der wir etwas offener sind für Botschaften, – in der wir womöglich mal wieder in einen Gottesdienst gehen, Friedensgebeten lauschen, oder sogar selber welche sprechen. Wir haben unterwegs schon einige Friedensbotschaften sammeln dürfen von Menschen, denen wir ganz zufällig auf unserem Weg begegnet sind. Ich hab ja schon welche davon weitergeschickt. Dabei war auch die Geschichte von Pastor Thomas Diouf aus dem Senegal, der in Casablanca seinen Dienst tut. Für alle, die nicht so fit im Englischen sind, möchte ich Euch seine Friedensgeschichte auf Deutsch nacherzählen.

Was soll ich Euch zu Weihnachten und zum neuen Jahr wünschen? Natürlich «Frieden», – für Euch persönlich in den Bezügen, in denen Ihr lebt, – für Menschen, die Euch besonders am Herzen liegen, die Ihr vielleicht in diesen Tagen wiederseht, – für Frieden in Eurer Stadt für Mensch, Tier und Natur, – für den großen Weltfrieden, der in so großer Unordnung ist. Lasst uns nicht nur den Frieden erhoffen, lasst uns ihn leben und dafür arbeiten. Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne. Frohe Weihnachten und ein gesegnetes Neues Jahr 2024.

Euer Peace Biker Christoph

Eine aktuelle Weihnachtsgeschichte

Hier erzählt Pfarrer i.R. Christoph Roller seine ganz persönliche Weihnachtsgeschichte, die er aktuell in der Sahara erlebt hat.

Der Antrieb – Die Liebe und die Fahrradschaltung

Ein neues Jahr hat begonnen und ab jetzt gilt für ein ganzes Jahr die „Liebe“, die ein Wegbegleiter für 2024 ist mit der Jahreslosung aus dem 1. Korinterbrief 16,14:  „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“. Ein Wort von Paulus, der auch einmal ein Saulus war, der Menschen verfolgt und Gefallen an Gewalt hatte. Gott hat ihn davon befreit und zu einem Apostel der Liebe gemacht. Es sind also Dinge möglich, die glaubt man kaum, und doch geschehen Sie.

Ich werde im neuen Jahr weiter für den Frieden radeln, angetrieben von der Liebe.

Mit dem anderen Antrieb habe ich allerdings zur Zeit meine Probleme. Schon seit 4 Tagen hängen wir in Dakhla (Süden der Westsahara) fest und suchen einen neuen Antrieb für mein Fahrrad, der seinen Geist aufgegeben hat, und den ich nach vielen Bastelversuchen nicht wieder flott bekommen habe. Vermutlich wird heute die Nabenschaltung gegen eine Kettenschaltung ausgetauscht. Ich bin also auf der Suche nach der neuen Mitte.

Die Fahrradschaltung und Pfarrer i.R. Christoph Roller

Entschuldigt also, wenn Ihr keine frischen Berichte bekommen habt, ich hoffe Ihr lest noch welche, selbst wenn sie später nachgereicht werden. Ich war und bin zu beschäftigt.

Ich schicke Euch zu Beginn des Jahres auch schon mal 2 Friedensbotschaften von Lukas aus Polen und Marius aus Deutschland – 2 der wenigen Radwanderer, die wir unterwegs getroffen haben.

Dass der Frieden überall Wirklichkeit ist und wird, angetrieben von der Liebe, das wünsche ich Euch zu Beginn diesen Jahres.

Uns geht es gut. Wir haben gestern auf einem Campingplatz mit etlichen Campern aus verschiedenen Ländern Silvester gefeiert. Das war sehr schön.

Damenfahrrad als Ersatzleillager

Wir haben nach dem Komplettausfall meiner Hinterradnabe 6 Übernachtungen in Dakhla gebraucht, um wieder ein fahrtüchtiges Fahrrad zu haben. Letztlich habe ich ein altes kleines Damenfahrrad komplett kaufen müssen, um dort eine alte 7-Gang-Nabenschaltung aus- und in mein Hinterrad einbauen zu lassen.

Wie wir den Jahresübergang dort verbracht haben und vieles mehr muss ich ein ander mal schreiben. Jetzt sind wir 3 Nächte von Dakhla entfernt, haben einmal in der Wüste am Tor vor einer teuren Hoteleinrichtung im Zelt geschlafen, weil uns 200 Euro für die Nacht in der Hütte übertrieben vorkamen.

Die nächste Nacht in einem Moschee-Gebetsraum, und jetzt sind wir in einem noblen Hotel in Guerguarat, dem marokkanischen Grenzort, und werden dort den Grenzübertritt nach Mauretanien wagen.

Schlechte Sandpisten und ausgeprägte Korruption warten schon auf uns, so die Berichte von Reisenden, die uns entgegenkamen. Wir sind gespannt.

Gute Wünsche

Nach Auskunft von Google Maps sind es von Guerguarat nach Abéné mit dem Auto noch 1211 km. Die Fahrt hatte bisher viele Herausforderungen, die von euch immer mit viel Geduld und Humor überwunden worden sind. Wir wünschen euch für die weitere Fahrt Gottes Segen, Gesundheit, gute Fahrradwege, intakte Fahrräder und viele freundliche Menschen, denen ihr auf eurem Weg begenet.

Die Grenze zu Mauretanien

06.01.2024 Epiphanias – Hl. 3 Könige – Orthodoxes Weihnachtsfest – Kein Tag wie jeder andere

Im Hotel El Shmokh im Grenzort Guerguarat haben wir uns eine etwas edlere Unterkunft für 80 Euro gegönnt. Da tat das Duschen und Rasieren mit beleuchtetem Spiegel echt gut. Auch das für 2,50 Euro ausgewiesene marokkanische Frühstück kostete tatsächlich nicht mehr, trotz nachbestellter 2. heißen Schokolade. Marokkanisches Frühstück heißt: Ausreichendes weißes Fladenbrot, kleine Schälchen zum Tunken mit Olivenöl, Honig, eventuell Erdnusssoße, ein warmes Getränk (Kaffee / Kakao / Tee / Milch), ein Schälchen mit Oliven, ein Eckchen Schmierkäse (Lachende Kuh) und einen frisch gepressten Obstsaft. Da kann man nicht meckern. Wenn man noch einen Euro mehr investiert, bekommt man noch ein Omelett dazu.

Wir waren also gewappnet für den Grenzübertritt, der 100 m hinter unserem Hotel gelang. Aber erst einmal Einkaufen, denn auf mauretanischer Seite ist vermutlich zunächst kaum Gelegenheit, etwas zu bekommen. Proviant für 2 Tage ist angesagt. Vor unserem Hotel trafen wir ein holländisches Pärchen, die mit ihren schweren Ducati-Motorrädern aus Mauretanien kamen. Sie berichteten von teilweise versandeten schlechten Straßen, auf denen es nur mit Mühe gelang, so ein schweres Motorrad mit 2 Personen wieder aufzurichten, wenn es umgefallen war. Leute, die helfen könnten gibt es keine. Sie erzählten von häufigen Kontrollen, die nicht ganz korruptionsfrei waren. Sie empfahlen uns dringend, uns einen sogenannten „Fiche“ zu machen, ein Papier mit Passkopie und einer Liste mit allen persönlichen Daten. Davon haben wir dann 20 Kopien gemacht. Das sollte reichen. Zum Glück war das in unserem noblen Hotel alles möglich.

Da die Grenze nachts geschlossen ist und erst um 9:00 Uhr öffnet, stießen wir auf 2 lange Schlangen, eine mit LKWs, die andere mit PKWs. Zum Glück durften wir an den Schlangen vorbei nach ganz vorne fahren. Die Kennzeichen der PKWs, die wir überholten, stammten alle aus Deutschland und wir konnten mit den Insassen auf Deutsch schnacken. Ich machte mir schon Sorgen, dass in Deutschland etwas Schlimmes passiert sein müsste, dass die Deutschen nach Afrika Reißaus nehmen. Aber es war eine riesige organisierte Afrika-Reise-Rallye, die wohl jedes Jahr stattfindet.

An der marokkanischen Grenzstation lief alles in etwa so, wie man es erwartet – gut organisiert. An mehreren Stellen musste man seinen Pass vorzeigen, bis man zum Büro für den Ausreisestempel vorgelassen wird. In der Zwischenzeit hat der Drogenhund alle unsere Gepäckstücke und die Fahrräder beschnüffelt und nichts zu beanstanden gehabt. Noch 3 x Pass vorzeigen und wir wurden ins Niemandsland entlassen – 4 km bis zum mauretanischen Posten.

Die Straße war ein Gemisch aus Asphalt, Steinhubbelpiste und Sandpiste. Der Anhänger an Dieters Rad hüpfte dermaßen über die Hubbel, dass aus dem Lebensmittelkarton schon mal die Bananen und die Orangen raushüpften und aus dem Sand wieder eingesammelt werden mussten. Die Bananen boten sich nach dem Einsammeln dann doch eher zum Direktverzehr als zum Weitertransport an.

Am mauretanischen Grenzposten angelangt, sah alles etwas einfacher und provisorischer aus. Die diensthabenden Grenzsoldaten waren nur teilweise an Uniformen zu erkennen. Manche liefen auch in ihren afrikanischen Galabeas herum. Auch die Uniformierten trugen beduinische Wickeltücher um den Kopf, dass man von dem Gesicht nur wenig sah. Das macht das Einschätzen, wie freundlich oder wie ernst eine Person dreinschaut etwas schwieriger. Wir waren also etwas verunsichert, wem man denn bedenkenlos seinen Pass in die Hand geben durfte.

Schließlich lief alles mit etwas Wartezeit und dem Durchlaufen von 5 Büroräumen korrekt und korruptionsfrei ab. In einem Büro musste man seine Fingerabdrücke und Passfoto elektronisch abgeben und die Visagebühr von 55 Euro dalassen. Einmal habe ich gesehen, wie aus einem anderen Pass ein Geldschein vom Beamten herausgefischt an den Kollegen weitergereicht wurde und dann in einer Schublade verschwand.

Dieter hatte die Wartezeiten genutzt, um bei einem fliegenden Händler restliche marokkanische Dirham in mauretanische Ouguiya zu tauschen. Ich tauschte 100 Euro gegen 4.000 Ouguiya, auch wenn wir nicht wussten, ob das an der Grenze vielleicht ein sehr schlechter Kurs sein könnte. Es würde aber vor der Hauptstadt in über 400 km keine Wechselmöglichkeiten geben. Also ist der Schwarzmarkt die einzige Möglichkeit und wird von den vielen herumlaufenden Uniformierten geduldet. Auch unsere Handys tauschten die marokkanische SIM-Karte gegen eine mauretanische ein.

Auf der Suche nach dem Schatten

Wir waren sehr überrascht, dass es inzwischen schon 14 Uhr geworden war. Wir fühlten uns durch die Prozedur und die heiße Sonne ziemlich ausgelaugt und haben uns erst mal eine große kalte Cola gegönnt, bevor die Reise weiter ging.

Auch jetzt trafen wir ab und zu mal auf schlecht passierbare Passagen, aber im großen und ganzen war der Asphalt für uns okay. Aber jetzt gab es viel mehr Verkehr als in Marokko, so dass wir nicht mehr so oft nebeneinander fahren konnten. Viele Autos, die uns überholten oder entgegenkamen, gaben durch Hupen und Winken Sympathie-Kundgaben an uns weiter. Uns überholte ein PKW, der langsam neben uns fuhr. Zwei Bananen wurden heraus gereicht, die ich fahrenderweise am Beifahrerfenster einfangen konnte. Super Geste, wir waren happy.

Der Anhänger von Dieter machte mehr und mehr Probleme. Wir hatten an den Tagen zuvor ein Hinterrad schon 2 x flicken müssen und den durchgescheuerten Mantel mit Inneneinlagen verkleben müssen. Aber schon wieder wollte der Schlauch an einer Stelle nach außen. Dazu war das zweite Anhängerrad jetzt auch platt.

Die Sonne scheint unerbittlich auf uns herab. Wir fühlten uns eh schon ausgelaugt – und jetzt ohne Schatten Schläuche und Mäntel flicken? Wir waren zuvor an einfachen Behausungen etwas abseits der Straße vorbeigekommen. Wir beschlossen umzukehren, um dort um Schatten zu bitten.

Ein Herr kam aus dem Anwesen heraus zu uns an die Straße und fragte, ob er uns helfen könnte. Ich erklärte die Lage und bat um Schatten. Er lud uns ein. Wir ließen die Räder an der Straße stehen, weil die Zufahrt zu sandig war und nahmen nur den Anhänger, unsere Wertsachen und die Gitarre mit.

Vor den zwei einfachen Behausungen hatten sich die Bewohner eine Art offene Zeltveranda gebaut und mit Bastmatten und Liegekissen belegt. Hier findet das eigentliche Leben im Schatten statt. Wir wurden eingeladen, uns dazu zu gesellen. Also, Schuhe aus und bücken, denn stehen kann man darunter nicht, und auf einem Liegekissen Platz nehmen. Auf dieser Zeltveranda lagen oder hockten 5 Frauen und der Herr, der uns eingeladen hatte. Dazu hüpften etwa 6 Kinder um uns herum. Die Verständigung war recht problemlos, weil eine Dame und der Herr gut Französisch sprachen.

Uns wurde sofort ein Glas mit Wasser gereicht. Wir sollten erst mal Siesta machen. Nach dem Wasser bekamen wir gesüßte Kamelmilch. Als sie mitbekamen, dass Dieter Schweizer ist, fingen sie an von Schweizer Schokolade zu schwärmen. Das war eine gute Gelegenheit, die Tafel Milka weiterzureichen, die sich allerdings in der Zwischenzeit in seiner Verpackung zu Kakao verwandelt hatte. Das macht nichts, hieß es, die wird in kaltes Wasser eingelegt und in Schokolade zurückverwandelt.

Während Dieter sich mit dem Hausherrn im Schatten um die Reparatur des Anhängers kümmerte, hatte ich Gelegenheit mit den Damen Gespräche zu führen. Sie erzählten mir, wo ihre Ehemänner arbeiten, dass sie selbst so etwas wie Urlaub hier machen. Auf der anderen Seite übten 2 der Damen auch Arbeiten vor Ort aus. Eine arbeitete bei der Küstenwache, um den Schmuggel und die illegale Migration zu bekämpfen. Zwei der Damen bereiteten das Essen vor und kochten Attaya, Tee, der 25 Mal aus den kleinen Gläschen zurück in die Kanne gegossen wird, bis der Süssigkeitsgrad und der Schaum stimmen, bevor man das kleine Gläschen serviert bekommt. So bekamen wir Attaya.

Freundliche Frauen im Beduinenzelt

Ich verteilte den Peace-Bike-Tour-Flyer auf Arabisch und wir tauschten uns über Frieden aus. Alle fühlten sich sehr bewegt über den Israel-Palästina-Konflikt. Eine gewisse Ohnmacht, dass man nichts machen kann, machte sich breit. Ich versuchte das Thema in die augenblickliche Wirklichkeit zu holen, den Moment, den wir gerade erleben, Gastfreundschaft, Völkerverständigung, Lachen und Tanzen. Dazu holte ich meine Gitarre aus der Tasche und war sofort von den Kindern umringt.

Kinder schauen begeistert auf Pfarrer Roller, der Gitarre spielt

Ich brachte ihnen „Ingi dingi dingi, usuwusuwusu, dabadabdabadei“ bei. Das Singen fiel ihnen schwer, sie klatschten und tanzten mehr dazu. Aber alle Damen waren hellauf begeistert, sangen fleißig mit, bewegten sich dazu, zückten ihre Handys und hielten alles für die Ewigkeit fest. Es kam richtig Stimmung auf. Immer wieder musste ich neu anfangen.

Der Anhänger war inzwischen repariert. Uns wurde Wasser und Seife zum Händewaschen gereicht. Denn jetzt wurde ein großer Teller in die Mitte gestellt, um den wir alle herumhockten oder lagen. Es gab Reis mit Lammfleisch. Wir beide durften mit dem Löffel essen, die anderen alle mit den Fingern.

Schließlich waren alle satt, der Anhänger repariert, WhatsApp-Adressen ausgetauscht, die Gitarre eingepackt. Zeit zum Abschied.

Die Männer flicken den Fahrradanhänger im Beduinenzelt

Wir hatten noch ein paar Kilometer vor uns bis zur nächsten Herberge. Die kam dann schneller als erwartet. Da es langsam dunkel wurde, beschlossen wir in diesem bescheidenen Motel in Boulenoir zu bleiben.

Wir waren zwar erst 53 km weit an diesem Tag gekommen, aber wir waren so was von platt, ausgelaugt und müde, dass wir froh waren irgendwo mit Abendessen, Bett, Dusche und Klo gelandet zu sein. Der Grenzübertritt mit allen Formalitäten, Unwägbarkeiten, etc., dazu ein sehr heißes Wetter, ohne irgendeinen Schatten, das alles hat seine eigene Dynamik.

07.01.2024:

Wo wir heute landen wissen wir noch nicht. Wir sitzen gerade in einem Tankstellenrestaurant und laden unsere Batterien nach. Vermutlich werden wir in der Wüste zelten müssen – aber wer weiss.

Die Schönheit der Wüste

Unglaubliches Licht in der Wüste

Zelt, Koffer und Fahhrad in der Wüste
Nachtlager in der Wüste
Wüstenhimmel
Wüstenhimmel bei Nacht

11.01.2024:

Wir verlassen jetzt die Hauptstadt Nuakschott. Falls wir gut voran kommen, sind wir morgen Abend schon in Saint-Louis im Norden des Senegal.

In den Senegal

Das war leider nichts mit morgen in Saint-Louis im Senegal.

Wir hatten uns für den kürzeren Weg über den Grenzübergang in Diama entschieden. Das war keine gute Idee, denn das bedeutete, dass die letzten 45 km bis zur Grenze eine Sandpiste war, unglaublich, das ist immerhin die Nationalstraße Nummer 1.

Die Nationalstraße Nr. 1 – eine Sandpiste

Dazu kam, dass wir die Piste im Dunkeln mehr suchen als befahren konnten. Durch Verdunstungskälte waren Luft und Sandboden plötzlich ziemlich feucht. Unsere Fahrräder, unser Gepäck und bald wir auch, waren mit klebrigem Sand überzogen. Wir waren froh, dass wir 10 km vor der Grenze noch ein Camp gefunden haben, dass uns aufgenommen hat. Dort durften wir für 30 Euro in einem schon aufgebauten großen Zelt mit Liegesofas übernachten.

Der Grenzübergang lief unproblematisch. Ein Grenzbeamter sammelte unsere Pässe ein, verschwand damit im Büro, und brachte sie uns nach einer viertel Stunde mit Ausreisestempel zurück. Wir nutzten die Zeit, um bei fliegenden Händlern senegalesische SIM-Karten einzukaufen und installieren zu lassen. Auf senegalesischer Seite lief der Grenzübertritt ähnlich unproblematisch und schnell. Fingerabdrücke – in die Kamera schauen – und bald hatten wir den Einreisestempel – Visa waren nicht nötig.

Im Senegal gab es wieder Asphaltstraßen, was wir erleichtert zur Kenntnis nahmen. Aber es war sehr heiß. Eine Zwangspause wegen Panne im Anhänger von Dieter laugte uns zusätzlich aus.

In Saint-Louis sind wir – wie auch anders – in EDEN untergekommen. Das liegt direkt am Strand und hat auch etwas paradiesisches, aber die Gegend war doch etwas heruntergekommen und der Strand hatte einen Müllhaldenstreifen – fragiles Paradies.

Das Baden im Atlantik war allerdings toll. Die Temperaturen – sowohl außen als auch im Wasser – waren geradezu ideal. Ich habe noch nie in meinem Leben solch eine starke Strömung im Wasser erlebt. Schwimmen ging also gar nicht. Man konnte sich der Brandung nur auf Distanz nähern. Durchtauchen, um dahinter schwimmen zu können – keine Chance – Lebensgefahr.

Saint-Louis hat uns eigentlich etwas enttäuscht. Es wird schon mal als das Venedig des Senegals beschrieben, weil es eine herrliche Halbinsel-Lagunen-Lage hat.  Aber die Stadt hat wenig Besonderes. Die Häuser sind bis auf wenige Ausnahmen nicht sehr bewundernswert. Viele Viertel wirken ärmlich, viele Häuser noch nicht zu Ende gebaut. Die Fischindustrie mit Hafen und vielen Booten wirkten etwas schmuddelig. Es gibt etwas Tourismus, so dass man auch ein paar Restaurants mit etwas gewohnterem Standard finden konnte. Hier haben wir nach langer Zeit unser erstes Bier genossen.

Die Nachtrundfahrt mit unseren Fahrrädern hat uns an unglaublich viele Orte geführt an denen es unglaublich laut war. Aus Deutschland kennen wir die Regel, dass um 22:00 Uhr die Nachtruhe beginnt. Hier schien mir eher die Regel zu sein, dass man ab 22:00 Uhr so richtig loslegen darf. Die lauten Spektakel fanden alle draußen auf der Straße statt und legten eine unglaubliche Geräuschkulisse über die Stadt. Besonders laut waren religiöse Veranstaltungen mit riesigen Megaphonen (grausiger Klang) mit immer wiederkehrenden Gesangsphrasen. Aber wir sind auch auf viele Hochzeitsfeiern gestoßen, die alle auf der Straße aufgebaut waren und durchgeführt wurden.

Nächtliche Strassen-Hochzeitsfeier in Saint-Louis

Getrennte Wege – mit Pferdewagen / Fahrrad am Strand

Wir dachten eigentlich, dass wir in 2 Tagen die 270 km von Saint-Louis in die Hauptstadt Dakar machen könnten. Aber da hatten wir uns geschnitten. Es war sehr heiß, dass man zu vielen Stunden am Tag irgendwo Schatten suchen musste, um abends, auch im Dunkeln, weiterzukommen. Außerdem dachten wir, dass wir jetzt im Senegal spätestens alle 10 km eine Ortschaft mit Läden und Restaurants vorfinden – geschnitten.

Für die Wüste hatten wir uns immer mit ausreichend Wasser ausgestattet. Aber nun litten wir zum ersten Mal unter Wassernot. Noch nie im Leben habe ich solch ein Gefühl kennengelernt, dass im Mund alles zusammenklebt. Und wenn man einen kleinen Schluck Wasser darauf gießt, dann löst sich die Verklebung sofort, kommt aber nach wenigen Minuten umso schlimmer wieder.

Dann nach 30 km Durst endlich ein Laden. Der hatte aber kein Wasser mehr zu verkaufen. Wir haben an Privathäusern um Wasser gebettelt und nicht danach gefragt, aus welchen Quellen das Wasser angeschleppt wurde. Es war teils etwas sandig, aber das störte uns nicht.

Schließlich gaben wir nach ca. 100 km auf. Das vorgesehene Tagespensum mit Aussicht auf einen Schlafplatz lag bei 140 km.

So haben wir dann lieber einen 7 km langen Abstecher nach Lompoul sur Mer genommen. Es wurde dunkel und wir hatten auch kein Restaurant unterwegs gefunden. Aber auch in Lompoul sur Mer, einem Strandort, – nichts.

Wir trafen hilfsbereite Leute, die uns sagten, dass es ein Hotel-Camp namens „Africa Roots“ in der Nähe gibt, dass aber nur über den Strand erreichbar wäre. Ich hatte inzwischen auch einen Plattfuß im Hinterrad, was sich aber durch Nachpumpen vorübergehend regeln ließ.

Dieter hat sein Gepäck und Rad auf einen Pferdewagen laden lassen und rauschte los.

Dieter lässt sich mit seinem Fahrrad auf einem Pferdewagen mitnehmen.

Ich hab mein Rad zum Wasser rausgeschoben und bin über den Strand hinterher.

Das Camp gab es wirklich, die Unterkunft war gut und von netten Leuten bewirtschaftet. Es gab auch ein leckeres Nachtmahl und ein Bier.

Im Restaurant lernten wir Thomas aus dem Schwabenland kennen, mit dem wir einen tollen Gesprächsaustausch hatten. Er war von unserer Tour begeistert und bekam sofort Lust mitzuradeln, was aber nicht so leicht zu händeln gewesen wäre.

Schlechte Wege zum Hotel „Lac Rose“

Der nächste Tag begann mit – eine neue Speiche einziehen –  und – flicken.

Nach dem Frühstück über den Strand zurück nach Lompoul sur Mer. Dort trafen wir auf ein Radfahrerpärchen aus Belgien – Celine und Marko.

Sie waren zwar unelektrisch unterwegs und deshalb nicht so schnell wie wir, aber wir beschlossen bis in die nächste Stadt „Mboro“ gemeinsam zu fahren. Ich hatte ja schon einige Male Dieter an meinem rechten Oberarm mitgezogen, wenn seine Batterie alle war.

Jetzt kam mein Oberarm vor allem Celine zugute, denn es galt einigen Hügeln und starkem Gegenwind zu trotzen. Es war wieder ein sehr heißer Tag. Celine und Marko spendierten eine Wassermelone. Das tat richtig gut.

Die beiden blieben in Mboro. Wir haben unsere Batterien an einer Tankstelle nachladen können und haben 2,5 Stunden Siesta gemacht. Es war aber klar, da es schon dunkel wurde, dass wir die noch verbleibenden 90 km bis Dakar nicht mehr schaffen würden. So hat Dieter eine Unterkunft am Meer bei „Lac Rose“ ausfindig gemacht und gebucht. Diese lag allerdings 7 km von unserer Route entfernt. Es war eine Sandpiste. Unsere Fahrversuche landeten immer wieder in Sandlöchern, die uns vom Rad holten. Schieben im Sand mit schwerem Gepäck – kein Vergnügen. Wir waren fix und foxi als wir endlich ankamen.

Ein Nachtessen gab es dort nicht. Zum Glück hatten wir zuvor in einem Straßendorf ein lokales Restaurant gefunden, alles sehr einfach und schmuddelig. Wir haben im Vorraum, der die Küche war, in alle Töpfe geguckt und aus jedem Topf etwas bekommen. Beim Essen konnten wir ein Spiel des gerade laufenden Africa Cup verfolgen. Mali hat Südafrika 2:0 geputzt.

Die Unterkunft, die wir antrafen, wurde von einem Franzosen geführt, der hier wohl architektonisch seinen Lebenstraum erfüllt hat – sehr beeindruckend.

Blau weiße Gebäude mit Rundungen
Ja das ist sichtbar die Erfüllung eines Traumes.

Endlich in der Hauptstadt Dakar

Aus diesem Sandloch über weitere sandige Pisten wieder herauszufinden, war die Herausforderung des nächsten Tages. Dieter hat zeitweise wieder einen Pferdekarren gefunden, der ihm weitergeholfen hat. Als wir in Lac Rose wieder auf eine Asphaltstrasse kamen, gab es eine neue Überraschung. Die Elekronik von Dieters Fahrrad fiel komplett aus. Der Schaden war nicht zu identifizieren und nicht zu beheben. Ich schlug vor, dass wir die letzten 40 km bis Dakar gemütlich fahren. Das war keine wirkliche Option für Dieter. Des Öfteren heuerte er ein Moped an, dessen Fahrer seinen Oberarm zum Koppeln anbieten sollte, oder er hängte sich an einen Pferdewagen oder LKW an. Schliesslich fuhren wir auf getrennten Wegen in die Innenstadt von Dakar ein.

Es war grausam durch diesen Moloch an Stadt zu fahren entweder war der Stop and Go Verkehr so dicht, dass man dauernd stoppte, wieder anfuhr, die Lücke zwischen den Fahrzeugen suchte, gelegentlich auch mal wo anstieß oder gerempelt wurde. Dann waren die innerstädtischen Straßen oft noch Sandpisten. So zogen sich die Kilometer. Am Ziel angekommen, war es nicht das Ziel, das in der Adresse angegeben war. Die Telefonnummer des Vermieters funktionierte auch nicht. Das kannten wir ja schon alles. Also Handy mit neuem Internetcredit nachladen, die freundliche Hilfe des Ladenbesitzers in Anspruch nehmen, und schließlich konnten wir die Unterkunft einigermaßen lokalisieren. Die Informationen habe ich zu Dieter gesandt, damit auch er den Weg finden konnte. Am Ende war alles gut. Der Vermieter, ein junger freundlicher Mann empfing erst mich und dann Dieter.

Die Unterkunft ist riesig, 80 qm und sehr zufriedenstellend. Der Gastgeber war auskunftsfreudig auf alle unsere Nachfragen. Dann bot er uns an, uns mit seinem Auto das Nachtleben von Dakar zu zeigen.

Er holte uns um 23 Uhr ab und fuhr erst mit uns zu seinem Lieblingsgrillshop. Dort wurde ein Kilo Fleisch gekauft und dann auf den Grill gelegt, der von unten von zwei riesigen glühenden Baumstämmen befeuert wurde. Schließlich aßen wir 3 aus einer Schale. Als Beilage gab es rohe Zwiebeln und Tunksossen.

Wir hätten uns ja ein offenes Lokal mit Life-Musik gewünscht. Stattdessen schleppte er uns in seinen Lieblingsclub, von dem er uns vorher schon gesagt hatte, dass sich das Lokal erst ab 2:00 Uhr morgens füllt. So waren wir in einem riesigen Disco-Club fast die einzigen Gäste.

Die Basslautsprecher des Clubs erinnerten uns daran, dass wir innere Organe haben, die in Schwingung kamen. Die Wand hinter der Bar war mit etwa 200 Flaschen alkoholhaltiger Getränke dekoriert. Auf den Hockern an der Bar saßen hintereinander aufgereiht 3 junge Damen, die gelangweilt in ihr Handy schauten – vermutlich anschaffendes Gewerbe, das auf Kundschaft wartet.

Die Kellnerin kam, um unsere Bestellung entgegen zu nehmen. Die Empfehlung war, 10 Flaschen Bier auf einmal zu bestellen, denn das kostet nur 15.000 CEFA. Einzeln kostet das Bier 3.000, das Doppelte. Wir entschieden uns für 3 einfache Bier und rühmten uns, dass wir 6.000 CEFA gespart hatten. Es war klar, dass wir nicht bis 2:00 oder sogar 4:00 Uhr morgens bleiben wollten, um etwas Ambiente zu erleben. Also zogen wir wieder ab.

Nun ging es in einen Club, der uns sehr gefiel. Wir betraten einen großen gut dekorierten Raum mit Sitzecken, Bühne, Tanzfläche, Swimmingpool, Gartenrestaurant und einer Balustrade direkt zum Meer. Die Musik war angenehm, nicht übermäßig laut. Auch dieses Lokal verließen wir wieder, da es auch hier kaum Kundschaft gab. Das Ambiente fehlte. Also wollten wir doch lieber ins Bett, als uns die Nacht um die Ohren zu schlagen.

Einkaufen, Frühstück machen, die nächsten Tage planen, am Rad rumschrauben, Berichte schreiben, Essen gehen, damit ist der heutige Tag schon gut umrissen.

Dieter hat sich die Stadt mit Fahrrad und Taxi angeschaut. Seine Elektronik patzt immer noch. Morgen früh muss er entscheiden, wie er weiter kommen will, bzw. wir weiter kommen.

Ungewollte mentale Erfahrung

Dieter hat sich entschieden. Da der Hausherr der Unterkunft, in der wir 2 Nächte übernachtet hatten, nicht anzutreffen war, hat er der Putzfrau der Unterkunft 2 Taschen in die Hand gedrückt mit der Bitte, diese bis zum 6. Februar in Verwahrung zu nehmen, da er dann wegen seines Rückflugs in die Schweiz wieder in Dakar sein wird. In den Taschen waren der kleine Generator und alles Gepäck wie Zelt etc. Den Fahrradanhänger, den er sich in Marokko aus einem alten Kinderrad hatte bauen lassen, hat er ihr zur freien Verwendung geschenkt. Das hat er alles mal eben in 10 Minuten abgewickelt.

Und dann ist er ganz unelektrisch mit reduziertem Gepäck mir losgefahren – und siehe da, es geht auch ohne. Er war ziemlich flott unterwegs. Da Dieter immer irgendwo spontan anhält, weil er eine Bank mit Geldautomaten entdeckt hat, oder einen Obststand gesehen hat, der auch Limetten führte, oder der Duft eines Straßengrills ihm unwiderstehlich schien, oder weil er gerade einen Mann mit Gartenschlauch und laufendem Wasser am Straßenrand sieht, wo man sein Fahrrad waschen kann, oder weil er sich an einen LKW angehängt hat, der ihm zu einigen Kilometern Vorsprung verholfen hat, so oft ist er einfach von der Fläche verschwunden und war für mich unauffindbar.

So auch an diesem Morgen. Meist hat es geklappt, dass wir uns wieder zusammentelefoniert haben, aber bei der Ausfahrt aus Dakar waren wir plötzlich auf verschiedenen Routen unterwegs. So sind wir die 90 km bis nach Mbour vorwiegend getrennt gefahren. Das fand ich auch mal wieder ganz angenehm und stressfreier.

Moschee in Mbour
Moschee in Mbour

Am Abend haben wir uns dann im Restaurant Eden in Mbour getroffen. Während ich dort auf ihn wartete, konnte ich das Spiel des Africa Cups Senegal gegen Kamerun mit engagiertem grölendem Publikum im Raum miterleben. Senegal hat 3:1 gewonnen. Da war natürlich was los. Mit 6 Punkten in 2 Spielen hat Senegal jetzt schon vorzeitig die Vorrunde überstanden und ist im Achtelfinale.

Als Dieter ankam, haben wir das Abendessen bestellt, das sehr lange auf sich warten ließ, so dass Dieter 3 Mal in die Küche gegangen ist, um die Sache zu beschleunigen, was allerdings Afrikanern wenig Eindruck macht. Er konnte miterleben, wie eingefrorenes Suppenfleisch in der Mikrowelle aufgetaut wurde, um es uns später mit Pommes Frites zu servieren. Fleisch haben wir an den Knochen vergeblich gesucht. Es war das schlechteste Essen meines Lebens – und das in EDEN.

Als Nachtfahrt hatten wir uns die Richtung nach Fatick vorgenommen. Wir wollten sehen, wie weit die Kräfte reichen und wo wir eine Übernachtung finden. Nach ca. 35 km sind wir in Thiadiaye angekommen und haben an der Straße nach einer Unterkunft gefragt. Ein Mann wusste etwas und führte uns mit seinem Moped zu einer langen schäbigen Wand mit Tor, an dem er klopfte. Über die Mauer hinweg wurde verhandelt. Soweit wir etwas nachvollziehen konnte, hat der Betreiber die Unterkunft vorübergehend stillgelegt. Die Räume wären nicht vorbereitet.

Schließlich hat er es nach langem verhandeln geschafft, wir wurden eingelassen und bekamen tatsächlich 2 Räume mit eigenem Badezimmer und Moskitonetzen. Es war allerdings unterste Kategorie. Wir haben auch nicht danach gefragt in welcher Bettwäsche wir hier übernachten. Ich war platt und fragte nur noch nach einer funktionierenden Toilette, denn mich hatte heftigster Durchfall ergriffen. Die Nacht habe ich dann auch viel auf der Toilette verbracht.

Am nächsten Morgen war ich so geschwächt, dass ich nicht wusste, ob ich weiterfahren könnte. Die Kraft reichte auch nicht, um mich über mein Gepäck auf das Fahrrad zu schwingen. Ich musste mir eine hohe Bordsteinkante suchen, um aufzusteigen. Wie in Trance bin ich dann durch die Gegend geradelt und war sehr froh, dass ich elektrische Unterstützung hatte. Essen konnte ich nichts.

Dass Fahrradfahrer gegenüber stärkeren Verkehrsteilnehmern scheinbar keine Rechte haben, wurde uns immer wieder in sehr gefährlichen Situationen deutlich. Eigentlich blockierten wir mit unseren Fahrrädern eine Fahrspur und konnte nur überholt werden, wenn es keinen Gegenverkehr gab. Das interessierte aber die meisten Autofahrer nicht. Sie hupten und quetschten sich mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei, so dass wir oft freiwillig in den Straßengraben ausgewichen sind, wenn es ging.

Am gefährlichsten waren Überholmanöver des entgegenkommenden Verkehrs, denn das überholende Fahrzeug raste sehr schnell auf uns zu und versuchte die passende Lücke zu treffen.

Der lokale Busverkehr, der die Ortschaften verbindet, wird oft von umgebauten LKWs versorgt. Die Busse sind meistens überfüllt, so dass die geldeinsammelnden Schaffner meist außen an den Türen hängen. So ein Bus fuhr äußerst knapp an mir vorbei und ich wurde von den Schaffnern beschimpft, warum ich nicht im Straßengraben fuhr. Diese Situation wiederholte sich mehrmals, weil ich den Bus an der nächsten Halte wieder überholte.

Schließlich schuppsten mich die Schaffner während des äußerst knappen Überholmanövers von der Straße. Da es mir an diesem Tag wirklich sehr elend ging, lernte ich neue Seiten an mir kennen, dass ich mich selbst erschrocken habe. Ich schrie sie auf Deutsch an „Ihr Arschlöcher“ und zeigte ihnen den Stinkefinger. Dass kann natürlich unberechenbare Aggressionen auslösen, die ich mit einer Friedensradtour nicht auslösen wollte.

Aber es kam anders. Als sie mich das nächste Mal überholten, grinsten sie und winkten.

Nach dieser mentalen Erfahrung, fühlte sich mein Körper auch gleich viel stärker an und ich merkte, dass Fahrradfahren in dieser Situation die beste Therapie gegen Durchfall war.

Auch diesen Tag fuhren wir vorwiegend selbstständig, da Dieter wieder einen LKW zum Anhängen gefunden hatte, der ihn aber in Fatick auf die falsche Route mitgenommen hatte.

Ich hab dann abends in Sokone ein schönes Camp am Lagunensee gefunden. Dieter habe ich abends an der Hauptstraße gesucht und gefunden. Wir sind noch in ein Restaurant gegangen. Aber Essen war bei mir immer noch mit Ekelgefühlen belegt. Meine Nahrung bestand an diesem Tag aus 2 Litern Coca Cola und etwas Wasser.

Grenzerfahrungen in Gambia

Frühstück gab es am Morgen im Camp und ich konnte essen. Ich fühlte mich auch deutlich besser als am Vortag. Wir waren jetzt nur noch 50 km von Gambia entfernt.

Unterwegs trafen wir 2 Radwanderer, ein Ehepaar aus Italien, das von Dakar aus mit dem Fahrrad den ganzen Senegal erkundete. Sie erzählten von vielen Radtouren, die sie in Asien, Südamerika und Afrika schon unternommen hatten. Im Kongo haben sie längere Zeit gearbeitet. Ihr findet ihre Friedensbotschaft im Video. Mit 30 Sekunden war es allerdings nicht getan. Sollte jemand des Italienischen mächtig sein, würde ich mich über eine ungefähre Übersetzung freuen.

Die Ausreise aus dem Senegal wurde mir von dem Grenzbeamten zunächst verweigert. Er fand alte Stempel in meinem Pass und meinte, ich wäre illegal schon 3 Jahre im Land geblieben, obwohl das damalige Visum nur über 3 Monate gültig war. Aber dem Grenzbeamten konnte geholfen werden. Bis er begriffen hatte, dass wir aus Mauretanien eingereist sind und alle Stempel dann auch für ihn nachvollziehbar waren, hat nur etwas gedauert.

Die Einreise nach Gambia fand nur ein paar Häuser weiter entfernt statt. Allerdings wurden wir zunächst von einem gambischen Beamten schwer angeraunzt, was wir uns herausnehmen würden, unsere Fahrräder vor der gambischen Flagge abzustellen. Ob wir keinen Respekt vor der Fahne hätten. Wir schauten nach oben. Tatsächlich flatterten über uns 3 verblichene gambische Flaggen auf 3 verrosteten Fahnenstangen. Mit ein wenig Respekt vor der Fahne hätte man diese vielleicht mal waschen und die Fahnenstangen neu anstreichen sollen.

Hier musste ich nun durch 3 Büroräume, bis ich den Einreisestempel bekam. Aber Dieter bekam ihn nicht. Er verschwand mit einem Beamten in einem anderen Büro. Hier wurden ihm ganz legal mit Quittung 100 Euro abgenommen, denn für Schweizer, die nicht Mitglied in der EU sind, besteht Visumspflicht. Immerhin ist das Visum für mehrfachen Grenzeintritt geeignet, so dass er auf der Rückreise nicht noch einmal bezahlen muss.

10 km hinter der Grenze kam dann die Überfahrt mit einer Autofähre über den Gambia-Fluss im Deltabereich, wo es schon einige Kilometer zu überbrücken gibt, um direkt in Banjul, der Hauptstadt von Gambia zu landen. Auf der Fähre war es heiß und eng, und sie fuhr sehr langsam.

Dicht an Dicht stehen Fahrräder und Autos auf der Fähre über das Gambia Delta.
Dicht an Dicht stehen Fahrräder und Autos auf der Fähre über das Gambia Delta.

In Banjul angekommen, mussten wir feststellen, dass am Sonntag alle Geschäfte und Restaurants in der Stadt geschlossen haben. Da wo sonst lebhaftes Treiben und Handeln auf allen Straßen anzutreffen ist, sahen wir nur verbarrikadierte Eingangstore der Läden.

Treffen mit alten Bekannten

Ich führte Dieter auf den Kunsthandwerkmarkt in Banjul, der recht groß ist. Aber auch hier waren viele Buden geschlossen. Hier traf ich schnell alte Bekannte wieder. Während für Dieter was zu Essen besorgt wurde und ihm jemand Internet auf sein Handy verkaufte, traf ich Lamin, den Kora-Spieler und Kora-Händler wieder, dem ich mal eine Valiha geschenkt hatte. Er war damals fasziniert von dem Instrument und konnte gleich etwas darauf spielen. Kora und Valiha sind Harfeninstrumente, die man abwechselnd rechts und links zupft. Seit ihm Seiten auf der Valiha gerissen sind, liegt sie verstaubt unter einem Tisch in seinem Laden. Ich ermutigte ihn erneut mit ein paar Tipps, wie er das Instrument selbst wieder spielfähig machen könnte. Mal sehen, ob er das macht.

Auch Ibrahim der Jembe-Trommel-Verkäufer war da. Er erkennt mich immer von Weitem und ruft meinen Namen durch den Basar. Andere kamen und zeigten mir plastifizierte Bilder, die ich vor Jahren von ihnen gemacht und ihnen hinterher geschenkt hatte.

Auch der Cousin von Sarjo kam vorbei. Sarjo hatte ich vor vielen Jahren nach Deutschland geholt. Wir haben mit ihm in Neukirchen-Vluyn Workshops gemacht, in dem jede/r eine eigene Trommel bauen konnte. Die Materialien dazu hatte er geschickt und wir konnten sie damals in Krefeld aus dem Zoll holen. Als Pfarrer im Gemeindedienst für Mission und Ökumene bin ich damals mit ihm über den Niederrhein gezogen und haben etliche Trommelworkshops in Schulen und Gemeinden durchgeführt. Das ist zwar alles nun lange her, aber in Gambia erinnern sich noch viele daran. Denn die Geschichte hatte in Gambia noch einen dramatischen Fortgang. Ungefähr ein Jahr danach ist Sarjo als junger Mann und junger Vater gestorben, vermutlich an einer Krankheit.

In Senegambia

Nun war es aber Zeit, um endlich im Hotel in Senegambia anzukommen. Da mussten nochmals 15 km geradelt werden.

Endlich am gebuchten Hotel angekommen, hatte ich das Gefühl, ich explodiere. Ich wollte nur schnell ins Zimmer gelassen werden, um das Klo aufzusuchen. Aber die Rezeption fand unsere Buchung nicht. Das dauerte, bis dass geklärt war. Dann akzeptierte das Gerät unsere Visakarten nicht. Dieter musste erst einmal Bargeld an einem Geldautomaten besorgen. Vorher gab es keinen Schlüssel und ich drohte zu zerbersten. Dann wollten sie uns nur ein Doppelzimmer geben, obwohl wir 2 gebucht und jetzt auch bezahlt hatten. Bis das geklärt war und eine Entschuldigung kam …

Schließlich saß ich eine Stunde auf dem Klo. Aber so Zeiten auf der Kloschüssel haben auch etwas Sinnliches. Ich hatte endlich mal ausführlich Zeit für Maniküre und Pediküre.

Ich hatte zwar keinen Hunger und keinen Appetit. Aber dann dachte ich, dass ich essen muss und habe mir in einem Restaurant einen Hamburger mit Pommes Frites und Cola erlaubt.

Dann schnell zurück zu Toilette und Bett.

Gut geschlafen. Mir geht es besser, aber der Fall der Fälle ist geblieben.

Mittags bin ich mit Dieter Frühstücken gewesen. Danach haben wir für Dieter ein neues Hemd auf dem Kunsthandwerkmarkt gefunden. Dort haben wir Rosina getroffen, die mehr über unsere Tour erfahren wollte. Auch von Ihr findet Ihr eine Friedensbotschaft.

Morgen kommt dann der finale Einlauf in Abéné. Für ca. 14 Uhr planen wir den Grenzübertritt in die Casamance / Senegal. Mal schauen, wie wir empfangen werden.

Angekommen – mit großem Empfang

23.01.2023

Obwohl wir bis 2 Uhr nachts das lebhafte Treiben in Senegambia genossen haben, dem Zentrum des Tourismus in Gambia, wo es viele Restaurants, Hotels, Bars, Discos und Life-Musik gibt, sind wir morgens einigermaßen planmäßig losgekommen zur letzten Etappe zu unserem Reiseziel „Abéné“.

Die Ausfahrt aus großen Städten, wie Serekunda, ist meistens kein Spaß, so auch jetzt. Es waren auch wieder sandige Abschnitte dabei. Es wurde sehr schnell sehr warm. Als wir unterwegs eine Getränkepause neben einer Polizeistation machten, wollte eine Beamtin unsere Pässe kontrollieren. So kamen wir ins Gespräch über unsere Tour und über den Frieden. Sie hatte einen guten Beitrag, wollte aber nicht aufgenommen werden, weil sie in Uniform war. Die Zurückhaltung in Uniform auf einem Clip zu sehen zu sein, war schon des Öfteren eine Erfahrung, die wir gemacht haben. Meinungsfreiheit, wie wir sie gewohnt sind, ist in vielen Ländern nicht zu finden.

Aber ihren Beitrag möchte ich nicht unerwähnt lassen, denn er bringt einen neuen Aspekt, den noch niemand gesagt hat. Sie sagte, „Wenn du Frieden willst, musst du den Leuten zu essen geben. Hungrige Mägen erzeugen Aggressionen. Genug zu Essen ist die Voraussetzung für Frieden.“

Nun war es nicht mehr weit bis zur Grenze. Der Grenzübertritt war wieder ohne Probleme. In Diouloulou habe ich nochmals angerufen, dass wir gleich da sind. Schon vor Albadar (4 km vor Abéné) kamen uns einige Radfahrer entgegen, die uns eskortieren wollten, darunter auch ein paar von meinen alten Bekannten.

In Albadar ging es dann los mit einer Serie von Empfangsriten. Weitere alte Bekannte kamen, nahmen uns in die Arme, auch die Besitzerin des Camps, in dem wir wohnen würden. Sie hatten extra eine Kutsche mit Sitzen bestellt, in die wir für die letzten km umsteigen sollten. Eine Lehrerin der Grundschule Abéné, mit der ich schon sehr lange befreundet bin, hat ganze Klassen auf die Beine gestellt und sie mit Fahrrädern ausgerüstet. Ich möchte nicht wissen, was das für ein Aufwand gewesen sein muss, so viele Fahrräder fahrtüchtig zu machen. So stiegen wir nicht in die Kutsche sondern fuhren mit unseren Rädern durch die Kinder hindurch, die uns dann alle begleiteten. Die ganzen 4 km riefen sie – ja brüllten mehr – „Welcome Christoph, Welcome Christoph, Welcome …“.

Einfahrt in Abéné Die Kinder begleiten ihn auf Fahrrädern und jubeln „Welcome Christoph“

An der Schule in Abéné angekommen warteten schon die anderen Schülerinnen und Schüler auf uns. Mein Trommellehrer „Malu“ hat seine Trommelband aufspielen lassen. Die Kinder tanzten dazu. Auch ich wurde in den Kreis gebeten und durfte tanzen und sogar in der Trommelband mitspielen.

In der Schule spielt die trommelband und Christoph darf mitspielen.
In der Schule spielt die Trommelband und Christoph darf mitspielen.
Bei der Ankunft in der Schule tanzt Christoph den Kreistanz – mit Gitarre auf dem Rücken.

Danach ging es in das Lehrerzimmer der Schule. Hier war eine große Tafel vorbereitet, wo alle eine Schale mit Fingerfood an ihrem Platz vorfanden. Der Schulleiter war da, der stellvertretende Bürgermeister und viele mehr. Es wurden kurze Begrüßungsreden gehalten. Dann durfte ich mich bedanken und die Grüße aus Kamp-Lintfort und des Kirchenkreises Moers überbringen. Ich habe das Thema Frieden angesprochen und meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass ich manche Friedensbotschaft aus Abéné einsammeln möchte.

Christoph bedankt sich für den herzlichen Empfang.

Dann durften wir in das Camp von „Zosia“ umziehen, eine Polin, die vor langer Zeit hier eine nette kleine Ferienanlage aufgebaut hat. Die Einrichtung wird von Fatu Kora gemanagt, die zwar nicht Lesen und Schreiben kann, aber unglaubliche Managementfähigkeiten hat. Sie spricht etliche Sprachen, ist eine hervorragende Köchin, hat Humor, lacht sehr viel und kann sehr gut tanzen.

Es gab ein Festmahl. 3 Tischrunden waren gut besetzt. Einige Gäste aus Polen waren da, 4 Holländer, ein irisches Pärchen, ein Schweitzer, ein Deutscher, Gambier und Senegalesinnen.

Nach dem Essen wurde ich gebeten meine Gitarre auszupacken. Es wurde ein rauschendes Fest. Unter den Gästen waren viele musikalisch talentierte Gäste. Es wurde bis zum Umfallen gesungen und getanzt und improvisiert. Alle konnten einen Beitrag leisten und ein Lied aus ihrem Land einbringen. Auch jetzt wurde es wieder 2 Uhr nachts bis das Bett nach uns verlangte. Gute Nacht Abéné.

In der Nacht wird ein rauschendes Fest gefeiert. Einheimische und Gäste spielen und tanzen gemeinsam.

Wir sind sehr froh, dass wir heil angekommen sind. Selbst der Durchfall hat sich vor Respekt zurückgezogen. Wir danken Euch allen für alles Mitfiebern und alle Gebete. Bilder und Clips gibt’s später, wenn ich sie bekommen habe.

Es grüssen Euch Dieter und Christoph.

Liebe Freundinnen und Freunde, die die Peace Bike Tour mitverfolgen, so langsam komme ich dazu, die Beine baumeln zu lassen. Gestern war ich gleich 2x im Atlantik schwimmen – sehr angenehm. Nach dem Gottesdienst in der katholischen Kirche in Abéné musste ich anschließend beim Frühschoppen gleich eine ganze Limo-Flasche mit selbstgemachten Palmwein trinken. Dafür gab es aber 3 neue Friedensbotschaften.
Ich schicke Euch deshalb eine Menge Daten mit Einzug in Abéné und etlichen Botschaften mit liebem Gruß.
Christoph

Zurück durch Afrika

15.02.2024:

Die Zeit in Abéné war sehr schön. Wir haben viel gefeiert, gesungen getanzt, sehr gut gegessen und auch gut getrunken, denn es gibt hier einen Schweizer, der hektoliterweise Wein herstellt aus den Äpfeln von Cashewnüssen (mein Favorit), aus Mangos, Citronella, Bananen, etc. Dabei hätte ich bei den Weinproben nicht gedacht, dass die Weine nicht aus Weintrauben gemacht wurden. Aber keine Sorge, ich bin nicht zum Weintrinker geworden, sondern bin Weinprobierer geblieben. Die Friedensthematik ist uns erhalten geblieben. Mit den Kindern in der Schule habe ich mich ausgetauscht und lustige Lieder mit ihnen gesungen. Ein paar neue Friedensbotschaften hänge ich Euch auch an.

Ihr habt sicher mitbekommen, dass der Senegal gerade in einer Staatskrise ist. Der Präsident Macky Sall hat die für den 25 Februar vorgesehenen Wahlen auf Mitte Dezember verschoben. Das Parlament hat er dazu gezwungen, zuzustimmen, indem er Parlamentarier, die dagegen geredet haben, von der Polizei in Gewahrsam nehmen ließ.

Das Volk lässt sich das aber nicht gefallen. Überall im Land gehen die Menschen auf die Straßen. Aktuell hat es 3 Tote gegeben. Wie das Ganze ausgehen wird, ist total unklar – Bürgerkrieg?, Machtübernahme des Militärs?, oder, oder?. Das Land kann unsere Gebete nötig gebrauchen.

Dieter macht noch mit seiner Frau Urlaub im Senegal. Ich denke aber nicht, dass die beiden gefährdet sind, solange sie zu keiner Demo gehen.

Ich selbst habe mir das ehrgeizige Ziel vorgenommen, innerhalb von 8 Tagen die 6.500 km mit Fahrrad und Bus zurückzulegen. Der Plan scheint aufzugehen. Ich bin am Samstagmorgen aufgebrochen und sitze gerade in Marrakesch auf dem Busbahnhof und warte auf den Anschlussbus nach Tanger. Das heißt, den Senegal, Gambia, Mauretanien und den größten Teil Marokkos habe ich schon geschafft. Wenn alles so gut weiterläuft, komme ich am Samstag um 19:30 Uhr mit dem Flix-Bus in Duisburg an.

Einige von Euch kann ich dann schon am Sonntag im Gottesdienst in Lintfort wiedersehen.

Ich bin sehr froh, dass ich mich für die Busvariante entschieden habe. Da die Busse zum großen Teil dieselbe Route fahren, die wir in umgedrehter Reihenfolge mit dem Rad gefahren sind, erlebe ich das wie einen Zeitraffer, in dem ich die Hinreise so nach und nach gut verdauen kann.

Ich freue mich auf jeden Fall, bald wieder zuhause zu sein und Euch wiederzusehen.

Abenteuer Bus in Europa

16.02.2024

Gerade sind wir in Madrid mit dem Flix-Bus nach Paris losgefahren, wo ich in den Flix-Bus nach Duisburg umsteigen muss.

Die Beförderung des Fahrrads hat im Senegal, Gambia, Mauretanien und Marokko immer eine Sondergebühr gekostet, die relativ moderat waren und manchmal ein Zusatzeinkommen ohne Ticket für Fahrer und Chauffeur waren. Die größte Summe, die ich einmal bezahlt habe, lag bei 15,- Euro mit Ticket und bei 7,50 Euro ohne Ticket.

Endlich in Europa angekommen denkt man, in eine korruptionsfreie Zone gelangt zu sein – weit gefehlt. Flix-Bus wirbt damit, dass sie gerne auch Fahrräder transportieren. Will man aber dafür ein Ticket buchen, gilt das nur für Fahrzeuge mit Spezialvorrichtungen, die in dieser Saison nicht angeboten werden. Pedelecs werden grundsätzlich nicht transportiert. Aber Flix-Bus bietet die Buchung eines Sondergepäcks an, das die Maße 240 cm (Länge + Breite + Höhe) und 30 Kg nicht überschreiten darf.

Also habe ich mir in Madrid einen Karton gebaut, der unterhalb der vorgeschriebenen Maße lag, habe mein Fahrrad zerlegt und in den Karton getan. Über Art und Weise des Gepäckstücks und wie das verpackt sein muss, gab es im Buchungsvorgang und in den Beförderungsbedingungen keine weiteren Vorschriften. Auch in der Fix-Bus-App findet man keine Einschränkungen.

Beim Beladen des Busses gab es dann heute die Überraschung. Es wurde abgelehnt den Karton zu transportieren mit dem Argument, dass ein Karton kein Gepäckstück ist. Der Hinweis, dass ich mich doch genau an die geforderten Bedingungen gehalten hatte, half nicht. Gepäckraum war genügend da, der Bus ist nur halb voll. Als Lösung des Problems, dass sie mich dann doch mitnehmen und ich meine vorausbezahlte Buchung nicht verliere, war: ich sollte dem Fahrer unauffällig passend 40 Euro in die Hand drücken – natürlich ohne Quittung. Das habe ich dann getan, denn ich wollte nicht auf dem Bahnsteig zurückgelassen werden. Willkommen in Europa.

Ich hoffe jetzt nur, dass es beim Umsteigen in Paris nicht noch einmal Probleme gibt.

27 Stunden Madrid-Paris-Duisburg muss ich noch überstehen, dann bin ich morgen Abend zuhause. Dann ist aber auch gut mit Busfahren. Mein Lieblingsgefährte für die Nächte im Bussitz ist das Nackenhörnchen, das mich doch gelegentlich ganz gut schlafen lässt. Wir sehen uns. 

Gruß. Christoph